Das operative Projektgeschäft tendiert stark in Richtung agiler Prozesse. Die sequentiellen Prozesse sind deswegen aber nicht im selben Maß auf dem Rückzug, wie die agilen an Boden gewinnen. Oft laufen nach wie vor erhebliche Prozessanteile außerhalb der Software-Entwicklung nach herkömmlichen, sprich sequentiellen, Mustern. Diese sind durchaus effizient gestaltet und es gibt aus Sicht des Auftraggebers keinen dringenden Bedarf, etwas daran zu ändern.
Für den Testmanager tun sich in solchen Projekten damit zusätzliche Betätigungsfelder auf, die möglichst ohne sichtbare Bruchlinien mit derselben Qualität der Arbeitsergebnisse und im besten Fall transparent für alle beteiligten Projektpartner bearbeitet werden wollen. Wesentliche Charakteristiken des Test- und Qualitätsmanagements in einem derart heterogenen Prozessumfeld sind:
- Inkrementell-iteratives Vorgehen in der Software-Entwicklungsorganisation
- Unterschiedliches Verständnis über agile Vorgehensweisen außerhalb davon
- Inselhafte Platzierung der agilen Prozessanteile in der übergreifenden (sequenziellen) Prozesslandschaft
- Vorgelagerte und nachfolgende Prozesse unterschiedlich stark sequentiell orientiert
- Unzureichend ausgeformte Schnittstellen zwischen den beiden Welten
- Berichtswesen der Qualitätssicherung nach traditioneller Meilensteinplanung
Die SW-Entwicklung agiert in solchen Projekten oft als Prozess-“Exot“, der auch innerhalb der Organisation ein mehr oder weniger „ungeregeltes“ Leben führen kann. Die Qualitätsprozesse werden zwischen den beiden Welten oft nur unzureichend abgestimmt und in weiterer Folge geht viel vom Qualitätspotenzial der agilen Prozesse verloren. Der agile Testmanager ist in der Lage, die Vorteile des Verfahrens gemeinsam mit dem Team in messbarer Form umzusetzen und diese Information nach außen zu tragen. Das Projekt als „Außenwelt“ hat aber oft gerade zu diesen Zeitpunkten nicht die erforderlichen Mechanismen parat, um diese wertvolle Information abzunehmen und in geeigneter Form darauf reagieren zu können. Hier tritt nun der sequentiell agierende SW-Testmanager an, um in Kenntnis der Methodiken und nach Abstimmung mit seinen Ansprechpartnern, diese Information zielgruppengerecht aufzubereiten und in der erforderlichen Form darzustellen.
Das reaktive Vorgehen kann durch die Einbeziehung des SW-Testmanagers in den frühen Planungsphasen des Gesamtprojektes und der aktiven Teilnahme am Gesamt-Qualitätsprozess unter Führung des Gesamtprojekt-Testmanagers erweitert werden. Ziel ist es, die Vorteile der permanenten Qualitätssicherung in den agilen Prozessen möglichst früh in den übergreifenden Planungs- und Steuerungsprozessen zu verankern. Es kann dazu erforderlich sein, auf Gesamtprojektebene eine andere Sichtweise auf Qualität zu entwickeln. Wer wäre besser dazu geeignet als der SW-Testmanager? In sequentiellen Vorgehensweisen steht die Testtätigkeit für das Gesamtergebnis am Ende der Entwicklungsphase. Da die Testergebnisse vorab nicht planbar sind, ergibt sich daraus ein schwer fassbares Risiko. Dieses Risiko kann durch genaue und frühzeitige Information über den Qualitätsstand des aktuellen Entwicklungsstandes verringert werden. Beim SW-Testmanager liegt die Verantwortung für Kontinuität und Korrektheit der Information. Er sollte so früh wie möglich ein vertrauenswürdiges Berichtswesen aufbauen, das hilft, die durchaus berechtigten Bedenken der Gesamtprojektleitung zu beseitigen. Nichts zerstört das mühsam gewonnene Vertrauen nachhaltiger, als nicht der tatsächlichen Situation entsprechende Aussagen zur Qualität.
Ein Aspekt ist nach wie vor zu beobachten: Das traditionell-sequentiell geprägte Projektmanagement versteht die permanente Verfügbarkeit aktueller Information als Kontrapunkt zum Gesamtziel „Qualität sicherstellen“. Es liegt hier am Testmanager, Erkenntnis und Vertrauen aufzubauen, dass im agilen Vorgehen ein gesichertes Qualitätsniveau von Beginn an gegeben ist. Das Ende der Entwicklungstätigkeit ist in der agilen Welt kein besonderer Zeitpunkt, der zusätzlichen Aufwand erfordert. Ein an die Meilenstein-Vorgehensweise angepasster Informationsfluss und die dazu passende Berichtsstruktur sind hier äußerst nützlich. Es hilft sehr, frühzeitig entsprechende Abstimmungen durchzuführen und auf beiden Seiten die Erwartungshaltung abzugleichen. Mit punktuell gesetzten Maßnahmen können dann die erforderlichen Aufwände meist so gering wie möglich gehalten werden. Sequentiell orientierte Projektprozesse sind oft bedingt geeignet, agil entstehende Information in die Projekthierarchie zu tragen. Der agile Testmanager agiert an der Schnittstelle zwischen den beiden Welten als Dolmetscher.
Gelegentlich muss Information aus dem sequentiellen Prozess schneller ins agile Team gelangen, als es dieser eigentlich vorsieht Anpassungsbedarf an die aktuelle Situation hat es auch in traditionellen Projekten schon immer gegeben, das führte aber durch die umfangreichen Planungsaktivitäten oft zu Problemen. Der Testmanager ist im agilen Umfeld für die Aufrechterhaltung des gegebenen Qualitätsniveaus ohne umfangreiche Planungsaktivitäten verantwortlich. Gleichzeitig ist er in der Lage, sich abzeichnende Probleme frühzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren. Die Kenntnis der Planungs- und Wirkungsmechanismen im übergreifenden Projektumfeld ist für den Testmanager in dieser Situation ein vitales Erfordernis. Die nahtlose Verschneidung der beiden Prozesswelten ist eine der herausforderndsten Tätigkeiten, die es hier zu bewältigen gilt.
Speziell in traditionell geführten Projekten, die ein vermeintlich klar definiertes Ziel verfolgen, zeigt sich oft der Bedarf an agilem Vorgehen in der Qualitätssicherung erst relativ spät und dafür sehr vehement. Der agile Testmanager in seiner Rolle als ein Bindeglied zwischen Entwicklung und Projektmanagement soll in der Lage sein, durch Kenntnis der besonderen Aspekte sequentieller Qualitätssicherung die Brücke zu schlagen. Oft ist es eher nur eine Art Übersetzertätigkeit, mit der die Qualitätsprozesse bereits entlastet werden können. In vielen Fällen ist aber auch der gezielte Einsatz unterschiedlicher Mechanismen zur Bewältigung der Anforderungen an eine tatsächlich über Prozessgrenzen hinweg funktionierende Qualitätssicherung erforderlich. Die tiefe Kenntnis der sequentiell-traditionellen und der agilen Vorgehensmodelle ermöglicht unseren Testmanagern, im Projektgeschäft aus der Verbindung beider Welten den maximalen Nutzen für unsere Kunden zu ziehen.