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Blogeintrag

Women in Tech: Interview mit Sigrid Schefer-Wenzl

fachlicher Blogeintrag 

Woman in Tech

 

Am heutigen Weltfrauentag feiern wir die Errungenschaften von Frauen in allen Bereichen des Lebens. In der Technologiebranche sind Frauen jedoch immer noch unterrepräsentiert. Um dies anzusprechen, stellen wir einige beeindruckende Persönlichkeiten Österreichs vor, die die Software-Branche mit ihren Fähigkeiten und Leistungen voranbringen. Es handelt sich hierbei um Frauen, die motivieren, inspirieren und gerne ihre Insights mit uns teilen, um mehr Frauen für unsere Branche zu interessieren.

Sigrid Schefer-Wenzl hat an unserem Interview für den Weltfrauentag teilgenommen. Sie ist derzeit Professorin an der FH Campus Wien und hat selbst Wirtschaftsinformatik studiert. Nach einigen Stationen in ihrem Leben kam sie in die Softwareentwicklung und hat ihr Doktorat in diesem Bereich – mit dem Fokus auf Softwareentwicklung und Security – absolviert. Heute ist sie Dozentin an der Fachhochschule, um softwarebezogene Fächer zu unterrichten.

Foto Sigrid Schefer-Wenzl

Bild Copyright: FH Campus Wien


Wir wollten den Grund wissen, was sie in die Software-Branche gebracht hat:

Schefer-Wenzl: „Ich habe mich für die Kombination aus Wirtschaft und Informatik entschieden, obwohl das gar nichts mit meiner schulischen Ausbildung zu tun hatte und war damit sehr zufrieden. Es war die richtige Wahl für mich, rein aus Interesse und weil ich mir gedacht habe, dass es da sicher viele berufliche spannende Möglichkeiten geben wird.“

Frau Doktor Schefer-Wenzl ist während des Studiums mit verschiedenen softwarebezogenen Themen in Berührung gekommen; darunter Programmierung. Daraufhin hat sie sich auf diesen Bereich spezialisiert, obwohl sie auch in die wirtschaftliche Richtung hätte gehen können.

Wir möchten wissen, wie Sie die Rolle der Frau in der Software-Branche sieht, welche Fortschritte es schon gibt und wo noch Verbesserungsbedarf besteht:

Schefer-Wenzl: „Ich bin generell immer der Meinung, dass Diversität ein Gewinn ist. Die besten und  erfolgreichsten Teams sind divers im Sinne von unterschiedlichen Hintergründen, und auch Geschlechtern. Gemischte Teams sind kreativer, weil mehrere Sichtweisen zusammenkommen. Das kann nur ein Gewinn sein.“

Laut GetinIT ist für die Softwareentwicklung der Perspektivwechsel von Bedeutung. Nutzer unterschiedlicher Demografien haben bei der Bedienung unterschiedliche Erlebnisse. Beispielsweise unterscheidet sich ein Team von 20- bis 30-jährigen Männern bei der Entwicklung einer Anwendung von einem Team, das sich aus Frauen und Männern zwischen 20 und 60 Jahren zusammensetzt. Indem gemischte Teams gebildet werden, können die Endnutzergruppen besser repräsentiert werden. Auch McKinsey ist überzeugt: „Je diverser, desto erfolgreicher: Unternehmen, die sich durch einen hohen Grad an Diversität auszeichnen, haben eine größere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein.“

Die IT-Branche wird von vielen Menschen unterschiedlich wahrgenommen. Deswegen haben wir sie gefragt, welche Tipps sie an junge Frauen geben würde, um in die Software-Branche einzusteigen:

Schefer-Wenzl: „In meinen Augen hat das nichts mit Qualifikationen oder anderen Faktoren zu tun. Aus bildungstechnischer Perspektive sehe ich, dass Frauen genauso gut sind wie Männer in all diesen Bereichen. Es sind vielmehr mentale Hürden, die in unseren Köpfen existieren. Man hat bestimmte Vorstellungen davon, wie der Beruf des Softwareentwicklers oder der Entwicklerin aussieht. Und das hindert einen daran, in diese Richtung zu gehen. Ich höre oft: Was? Du hast so etwas Schwieriges studiert? Aber es ist nicht viel schwieriger als andere Bereiche.

Mir ist es wichtig, die Realität zu vermitteln, denn sie ist anders, als viele Menschen es sich vorstellen. Frauen sollten sich selbst ein Bild machen. Beispielsweise helfen Praktika sehr dabei, um zu sehen, wie die Arbeit ist, wie kreativ man sein kann, wie wenig das mit den Vorstellungen zu tun hat, die man eigentlich hat - vor allem, wenn man keinen Bezug dazu hat.

Das Berufsfeld der IT ist faszinierend, sowie die unglaubliche Vielfalt an Tätigkeiten, die man ausüben kann. Manche sind sprachlich besser, die sind dann besser im Requirements Engineering aufgehoben.  Andere sind sehr genau. Die sind dann besser für Testing-Aufgaben geeignet. Es gibt viele Tätigkeiten, auf die man sich spezialisieren kann, wie Qualitäts- oder Projektmanagement. Für fast jeden ist etwas dabei, wenn man grundsätzliches Interesse hat.“

Als Quereinsteigerin kann der Einstieg in die IT-Arbeitswelt oft eine Herausforderung darstellen. Deshalb haben wir sie gebeten, wertvolle Insights zu teilen:

Schefer-Wenzl: „Ich finde der große Vorteil in dem Bereich ist, dass es ein Job ist, der sich sehr gut mit einer Familie vereinbaren lässt. Man hat viele Flexibilitäten in diesem Beruf. Man hat in diesem Beruf viel mehr Freiheiten, was einem oft nicht bewusst ist. Es ist ein Beruf, in dem man sich sehr gut entfalten kann und viele Möglichkeiten hat, sich kreativ auszudrücken.“

In Zeiten des technologischen Wandels und der sich ständig ändernden Anforderungen an die Mitarbeiter*innen bleibt eine solide Aus- und Weiterbildung ein wichtiger Faktor für den beruflichen Erfolg in der IT. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Aus- und Weiterbildungen für Quereinsteigerinnen besonders empfehlenswert sind. Im Folgenden haben wir mit unserer Expertin dazu gesprochen:

Schefer-Wenzl: „Ich kenne viele Ausbildungen in diesem Bereich und bilde mich selbst ständig weiter, um auf dem neuesten Stand zu bleiben und mit den ständig neuen Entwicklungen Schritt zu halten. Ich persönlich bin ein Freund vom Studieren, da ich an einer Fachhochschule unterrichte und selbst studiert habe. Allerdings ist es nicht unbedingt notwendig, um in diesem Bereich zu arbeiten.

Eine formale Ausbildung hat jedoch viele Vorteile, einschließlich eines vorgegebenen Lernprozesses. Es ist jedoch auch möglich, sich das Wissen selbst beizubringen, wie viele Autodidakten es in diesem Bereich beweisen. Dennoch muss man auch dann weiterlernen: Life-long Learning. Es gibt viele Informatik-Studiengänge in Wien und auch Online-Kurse, die eine gute Möglichkeit bieten, sich fortzubilden. Besonders im Bereich der Softwareentwicklung gibt es zahlreiche Möglichkeiten zur Weiterbildung.“

Wir waren neugierig und wollten ihre Ziele und Visionen für ihre Karriere in der Software-Entwicklung kennenlernen:

Schefer-Wenzl: „Ich versuche stets, aktuelle Technologien zu verstehen und Trends nicht zu verpassen. Besonders interessiert mich derzeit künstliche Intelligenz. Obwohl ich keine Spezialistin sein werde, möchte ich fachlich auf dem Laufenden bleiben. Ich arbeite gerne wissenschaftlich, schreibe darüber und führe Projekte mit Studierenden durch. Mein Ziel ist es, neugierig zu bleiben und mein Interesse in diesem Bereich aufrechtzuerhalten.“

Erfahrungen und Kenntnisse von Experten*innen sind besonders wichtig, um erfolgreich in der Software-Branche zu sein. Folgendes würde Sie unseren Leser*innen mitgeben:

Schefer-Wenzl: „Ich denke das Mindset ist wichtig. Man sollte offen und zielorientiert sein, insbesondere in der Software-Entwicklung. Analytische Fähigkeiten sind entscheidend, um Probleme zu identifizieren und effektive Lösungen zu entwickeln. Kreativität ist ebenfalls von Bedeutung und wird oft unterschätzt, da die Softwareentwicklung ein sehr kreativer Beruf ist.

Frauen, die sich für den Bereich der Software-Entwicklung entscheiden, wollen oft etwas Nützliches machen. Sie sind oftmals sehr sozial und möchten helfen, Probleme zu lösen. Diese Probleme können sozialer, ökologischer oder anderer Natur sein. Durch ihre Arbeit im Bereich der IT können Frauen einen Beitrag zur Lösung solcher Probleme leisten.

An der FH arbeiten wir eng mit Studierenden aus dem Bereich der Sozialen Arbeit zusammen. Diese Studierenden bringen oft soziale Themen in die Zusammenarbeit ein. Sie sind dann fasziniert von den Möglichkeiten, welche die Studierenden der IT zur Unterstützung ihrer Themen bietet. Die Zusammenarbeit ermöglicht es den Studierenden, ihre IT-Kompetenzen auf soziale Themen anzuwenden. Das kann die Entwicklung einer App oder einer Software sein, womit durch digitale Lösungen geholfen wird.

Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Branchen können IT-Studierende IT-Lösungen für verschiedene Service-Bereiche bereitstellen. Somit ist die Arbeit in der Informatikbranche nicht nur auf Informatik selbst beschränkt, sondern bezieht sich oft auf andere Branchen und deren Bedürfnisse. Die interdisziplinäre Arbeit in der IT-Branche ist sehr interessant und ermöglicht die Entwicklung von kreativen Lösungen. Um auf die Frage zurückzukommen, das Mindset ist entscheidend für den Erfolg im IT-Bereich.“

Vorbilder oder Mentoren*innen haben eine unterstützende Funktion. Wir möchten wissen, wer sie unterstützt und beeinflusst hat:

Schefer-Wenzl: „Durch mein ganzes Leben gibt es einzelne Personen, die mich über gewisse Hürden gebracht haben oder mich beeinflusst haben. Da sind meine Eltern an erster Front. Sie haben mich immer unterstützt und haben auch mir diese Studienwahl ermöglicht und mir das zugetraut. Später gab es immer einzelne Personen, die mich gefördert haben und deren Einstellung mich auch inspiriert hat. Es gibt tolle, erfolgreiche Personen in dem Bereich, nicht nur Frauen, auch Männer, aber ich orientiere mich an niemandem. Was dennoch alle erfolgreichen Personen gemeinsam haben, ist das offene Mindset und das wachstumsorientierte Denken. Solche Menschen inspirieren mich.“

Wir haben sie gefragt, ob sie die Gelegenheit hatte, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse anderen Frauen weiterzugeben oder sie zu mentorieren:

Schefer-Wenzl: „Das ist im Grunde mein Beruf, ich unterrichte an der Fachhochschule. Ich unterrichte dort auch für ein Vorqualifizierungsprogramm. Das ist nur für Frauen, die aus anderen Bereichen kommen und die sich umschulen wollen.  Während des Studiums habe ich Workshops für Frauen gemacht, beispielsweise Hardware-Workshops, wo wir einen PC zerlegt haben und wieder zusammengebaut haben. Das funktioniert sehr gut, weil da weniger Hemmungen sind, wenn nur Frauen unter sich sind.“

Uns hat auch ihre Meinung interessiert, wie sich die Tech-Branche in Zukunft entwickeln wird und wie Frauen in dieser Entwicklung eine Rolle spielen werden:

Schefer-Wenzl: „Software zählt meiner Meinung nach zu den Jobs der Zukunft und ist regelmäßig in allen Rankings als Top-Job aufgeführt. Die Karriereaussichten und die Beständigkeit sind sehr vielversprechend, da Software heutzutage überall wichtig ist. Frauen sind in diesem Bereich genauso gefragt wie alle anderen. Frauen sollten in der IT-Branche normal präsent sein und nicht als spezielle Gruppe betrachtet werden. Es ist falsch, in Kategorien von Frauen und Männern zu denken, da es oft mehr Unterschiede zwischen zwei Männern als zwischen Frauen und Männern gibt.

Stattdessen sollte Vielfalt gefördert werden und das Bild von Frauen in der IT-Branche verbessert werden. Die IT-Branche erfordert starke soziale Soft Skills und Teamarbeit, was Frauen oft überrascht, da sie es sich anders vorgestellt haben. Man arbeitet viel in Teams und benötigt starke kommunikative Fähigkeiten. Frauen haben oft diese kommunikativen Fähigkeiten und sind daher in diesem Bereich sehr gut aufgehoben.“

Schließlich haben wir sie gefragt, wie sie in ihrer täglichen Arbeit inspiriert und motiviert wird:

Schefer-Wenzl: Ich liebe es, Wissen weiterzugeben. Schon in der Schule habe ich gerne Nachhilfe gegeben und auch während des Studiums. Mein Beruf besteht nun darin, dass ich unterrichte und Forschung betreibe. Das gegenseitige Lernen von neuen Dingen und die Möglichkeit, dieses Wissen weiterzugeben, finde ich sehr schön. Meine Arbeit inspiriert mich sehr. Viele Menschen denken, dass Programmieren langweilig ist oder assoziieren es mit Mathematik - wobei Mathematik auch Spaß machen kann. Es ist jedoch wichtig, den Zustand des Flows zuzulassen und zu erleben.

Beim Programmieren kann man in diesen Zustand kommen, wo man alles andere vergisst, und dann hat man sehr viel Spaß dabei. Diesen Flow-Zustand gibt es auch bei anderen Tätigkeiten, beispielsweise wenn man ein Instrument spielt oder anderen ähnlichen Tätigkeiten nachgeht. Das Erleben des Flow-Zustands macht die Tätigkeit interessant und schön.

Deswegen würde ich gerne Frauen dazu ermutigen, dass die IT oder die Softwareentwicklung interessante Berufsfelder sein können wie andere. Man müsse sich nur trauen. Schließlich, um auf die Frage zurückzukommen, die Weitergabe von Wissen ist für mich die größte Inspiration.“


Quellen

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Max Oestreich

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